Ampel

Stau-Hauptstadt Stuttgart erleichtert: Ampelversagen führte nur knapp an Katastrophe vorbei

Stuttgart Am gestrigen Freitag entging die Schwabenmetropole und deutschlandweit unangefochtene Stau-Hauptstadt nur ganz knapp einer Katastrophe. Ob es sich um einen technischen Defekt oder um menschliches Versagen handelt, kann zum derzeitigen Stand der Ermittlungen noch nicht genau beantwortet werden. Fest steht nur, dass gestern während dem Berufsverkehr für mindestens 3 Stunden die Ampeln komplett verrückt spielten.

"An der ersten Ampel war noch alles normal", erinnert sich Erwin Ganzfuß, "es war rot und ich hielt an". Doch schon bei der zweiten Ampel wurde der Versicherungskaufmann stutzig: "Die sprang einfach auf grün, als ich auf sie zu fuhr." Es sei ihm nicht einmal möglich gewesen, sein Fahrzeug zu stoppen, bevor ihn die Ampel durch grüne Lichtzeichen zur Weiterfahrt nötigte. "Als sich das Gleiche an der dritten Ampel wiederholte, wusste ich, hier geht etwas richtig schief". Darauf hin benachrichtigte er geistesgegenwärtig die Polizei, die sofort alles nötige in die Wege leitete.

Zerknirscht gab man auf Nachfrage des Neuländer Boten die Panne beim städtischen Verkehrsamt zu. "Es ist in der Tat so, dass gestern für ein paar Stunden die Ampeln nicht aufeinander eingestellt waren und es dadurch vielerorts zu einer Situation kam, die im Fachjargon 'grüne Welle' genannt wird." Mit diesem Begriff umschreiben die Experten den unter Verkehrsplanern gefürchteten Zustand, wenn Ampeln nicht korrekt aufeinander abgestimmt sind und daraus resultierend der Verkehrsfluss nicht vorschriftsmäßig an jeder Ampel temporär terminiert wird. Der Fachmann spricht dann auch von einer 'Freien Fahrt'.

"So etwas ist verkehrsplanerisch natürlich der Super-Gau", erklärt Johannes Frein vom Stuttgarter Verkehrsamt. Zeitweise soll es sogar möglich gewesen sein, bis zu 4 Ampeln hintereinander zu durchfahren, ohne einmal anzuhalten. "So etwas darf natürlich nicht passieren", gesteht Frein schuldbewusst ein. "Wir beten und hoffen, dass nicht zu viele Autofahrer von der freien Fahrt betroffen waren".

Erwin Ganzfuß war jedoch nicht der einzige, der von der gefährlichen Panne betroffen war. Gestern liefen bei der Polizei die Notruf-Telefone heiß, viele Verkehrsteilnehmer riefen verunsichert und verängstigt an und meldeten grüne Wellen.

"Die Ursachen müssen nun schonungslos und penibel aufgeklärt werden", gibt sich Frein kämpferisch. Es sei auch im Interesse der Stadt, wenn sich diese "freie Fahrt" nicht noch einmal wiederholt. "Wenn die Autos ungehindert durch die Stadt fahren könnten, würde man uns sicherlich bald die Auszeichnung 'Stau-Hauptstadt' aberkennen".

Doch dies weiß man in Stuttgart geschickt zu verhindern. Eine schon vor Jahren eigens eingerichtete Kommission hat in einem 260-seitigen Arbeitspapier Strategien zur perfekten Verkehrssteuerung erarbeitet. Man geht dabei vereinfacht ausgedrückt nach einem dreistufigen Prinzip vor: Grüne Welle aufspüren, identifizieren und eliminieren. "Wir waren damit auch eigentlich ziemlich erfolgreich" erklärt Frein zufrieden. "Das gestern war wirklich die erste Panne dieser Art seit Jahren."

"Aber nun ist wieder alles im Sollzustand", beruhigt Frein erleichtert, während er auf seinen Kontrollmonitor blickt. "Den Titel 'Stau-Hauptstadt' kriegt man nicht geschenkt", resümiert Frein, "es erfordert viel harte Arbeit". rm

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