Königsee

Droht bald neue Abmahnwelle? Felswand wegen Urheberrechtsverletzung verurteilt

Berchtesgaden Ein besonders dreister Fall von Urheberrechtsverletzung wurde diese Woche vor dem Oberlandesgericht in Berchtesgaden verhandelt: Eine Bergwand hatte jahrelang Trompetenstücke illegal verbreitet.

Xaver Neuhuber, der seit vielen Jahren auf dem Königsee im Nationalpark Berchtesgadener Land vor der sogenannten Echowand Trompete spielt, hatte schon seit einiger Zeit bemerkt, dass eine Steilwand des Sommerbichl (1458 ü.N.N.) nahe dem Watzmann (2713 ü.N.N.) seine Werke erneut darbietet. Zuerst drückte Neuhuber beide Augen zu und brachte die Urheberrechtsverletzung nicht zur Anzeige. Da sich diese illegale Wiedergabe seiner Musikdarbietungen aber über längere Zeit immer wieder wiederholte, hatte der Trompeter nun genug und ließ die Echowand schließlich von seinem Anwalt abmahnen. Da die Felswand weder den Schadensersatz bezahlte, noch die Unterlassungserklärung unterschrieben zurückschickte, ging er auf Anraten seines Anwalts vor Gericht.

Die erste Strafkammer des Oberlandesgerichts Berchtesgaden unter Vorsitz des Richters Alois Feuchtbrunner stimmten der Anklage in allen Punkten zu und sprach die Echowand wegen massiver Copyrightverletzungen schuldig. Das reine Anhören der Trompetenstücke sei - analog zur Rechtsprechung im Internet - nicht strafbar, erklärte Richter Feuchtbrunner. Aber dass die Echowand die Stücke auch gleichzeitig wieder darbot, ist eine massive Verletzung des Urheberrechts. Sie wurde auf 10.000 Euro Strafe und 25.000 Euro Schadenersatz verurteilt. Dieser eher symbolische Betrag solle den entstandenen Verlust des Trompeters zumindest ein wenig ausgleichen. Außerdem wurde angeordnet, dass im Wiederholungsfalle Schadensersatzansprüche bis zu 2 Millionen Euro geltend gemacht werden können.

Zwei Physiker der Universität Salzburg, die als Sachverständige der Verhandlung beiwohnten, wollten die Urheberrechtsverletzungen als "Naturgesetz" herunterspielen und daher auf nicht schuldig plädieren. Doch die Richter ließen sich nicht durch Expertenwissen verwirren und stellten fest: "Ein Nationalpark darf kein rechtsfreier Raum sein". Analog zur Urheberrechts-Rechtsprechung im Internet sei hier aus Gründen der Rechtssicherheit kein Freispruch möglich. Auch im Internetrecht seien Urteile ohne jegliche technische Fachkenntnisse gang und gäbe.

"Jetzt ist ja alles geklärt", freut sich Neuhuber über das gerechte Urteil. Nun wolle er mit dem Boot und seiner Trompete wieder hinaus auf den See fahren, um zu überprüfen, ob sich die Echowand auch an das Urteil hält. "Und tut sie es nicht", gibt sich Neuhuber kämpferisch, "geht's halt wieder vor Gericht!". rm

Foto: eigene Aufnahme