Urheberrecht

Mathematiker ratlos: Kreiszahl Pi von GEMA gesperrt

Berlin Die Fachwelt ist im Aufruhr: π (Pi), die sogenannte Kreiszahl, wurde heute von der GEMA in Deutschland gesperrt.

Als Grund nannte die GEMA, dass die mathematische Konstante, die als Verhältnis des Umfangs eines Kreises zu seinem Durchmesser definiert ist, eine irrationale und transzendente Zahl sei, die unendlich viele Nachkommastellen habe, deren Sequenzen sich nicht wiederholen. Interpretiere man diese Nachkommastellen als Bytes, so enthält π alle Texte, die je geschrieben wurden und die je geschrieben werden. Aber π enthält mehr als nur Texte: Da alle Dateien (Bilder, Videos, Musik, usw.) auch nur eine Folge von Bytes sind, enthalte π auch MP3-Dateien aller Lieder, die es je gab, und aller, die es noch geben werde.

Da sich die GEMA zur Wahrung der Rechte der durch sie vertretenen Künstler verpflichtet fühlt, ließ sie π mit einer einstweiligen Verfügung sperren.

Man arbeite bei der GEMA aber daran, in Kürze ein Lizenzierungsmodell zur einmaligen, nicht-exklusiven Nutzung aller von ihr verwalteten Musikstücke anzubieten. Damit solle es dann für Lizenznehmer (nach Zahlung einer Nutzungsgebühr für alle Musikstücke) aber wieder möglich sein, π in einer Berechnung zu verwenden. Für Vielrechner soll darüber hinaus eine günstige 10er-Karte angeboten werden.

Bis zur abschließenden Klärung des neuen Lizenzmodells rät die GEMA, Kreisberechnungen mit der copyrightfreien alternativen angenäherten Kreiszahl 355/113 zu berechnen.

Update: Offenbar wurde nach Bekanntwerden der Urheberrechtsverstöße von mehreren Abmahn-Anwälten Anzeige gegen verschiedene Nutzer von π wegen vieler weiterer Vergehen erstattet. Da π quasi alles enthält, das je geschrieben wurde, enthalte es auch einige illegale Texte. Die Liste der Rechtsverstöße umfasst neben weiterer massiver Urheberrechtsverletzungen weitere Straftaten wie schwere Beleidigung in unendlichen Fällen, gewaltverherrlichende und jugendgefährdende Inhalte, bisher nie dagewesene Obszönitäten, Karikaturen sämtlicher Religionsstifter, wichtige Staatsgeheimnisse bis hin zum multiplen Hochverrat, alle künftigen Snowden-Enthüllungen, alle zukünftigen Lottozahlen in chronologischer Reihenfolge, aber auch banales wie z.B. alle Weihnachtsansprachen der Bundeskanzlerin. rm

Abbildung: Bearbeitung eines Fotos (Ausgangsfoto: © Tim Reckmann / pixelio.de)

Droht bald neue Abmahnwelle? Felswand wegen Urheberrechtsverletzung verurteilt

Berchtesgaden Ein besonders dreister Fall von Urheberrechtsverletzung wurde diese Woche vor dem Oberlandesgericht in Berchtesgaden verhandelt: Eine Bergwand hatte jahrelang Trompetenstücke illegal verbreitet.

Xaver Neuhuber, der seit vielen Jahren auf dem Königsee im Nationalpark Berchtesgadener Land vor der sogenannten Echowand Trompete spielt, hatte schon seit einiger Zeit bemerkt, dass eine Steilwand des Sommerbichl (1458 ü.N.N.) nahe dem Watzmann (2713 ü.N.N.) seine Werke erneut darbietet. Zuerst drückte Neuhuber beide Augen zu und brachte die Urheberrechtsverletzung nicht zur Anzeige. Da sich diese illegale Wiedergabe seiner Musikdarbietungen aber über längere Zeit immer wieder wiederholte, hatte der Trompeter nun genug und ließ die Echowand schließlich von seinem Anwalt abmahnen. Da die Felswand weder den Schadensersatz bezahlte, noch die Unterlassungserklärung unterschrieben zurückschickte, ging er auf Anraten seines Anwalts vor Gericht.

Die erste Strafkammer des Oberlandesgerichts Berchtesgaden unter Vorsitz des Richters Alois Feuchtbrunner stimmten der Anklage in allen Punkten zu und sprach die Echowand wegen massiver Copyrightverletzungen schuldig. Das reine Anhören der Trompetenstücke sei - analog zur Rechtsprechung im Internet - nicht strafbar, erklärte Richter Feuchtbrunner. Aber dass die Echowand die Stücke auch gleichzeitig wieder darbot, ist eine massive Verletzung des Urheberrechts. Sie wurde auf 10.000 Euro Strafe und 25.000 Euro Schadenersatz verurteilt. Dieser eher symbolische Betrag solle den entstandenen Verlust des Trompeters zumindest ein wenig ausgleichen. Außerdem wurde angeordnet, dass im Wiederholungsfalle Schadensersatzansprüche bis zu 2 Millionen Euro geltend gemacht werden können.

Zwei Physiker der Universität Salzburg, die als Sachverständige der Verhandlung beiwohnten, wollten die Urheberrechtsverletzungen als "Naturgesetz" herunterspielen und daher auf nicht schuldig plädieren. Doch die Richter ließen sich nicht durch Expertenwissen verwirren und stellten fest: "Ein Nationalpark darf kein rechtsfreier Raum sein". Analog zur Urheberrechts-Rechtsprechung im Internet sei hier aus Gründen der Rechtssicherheit kein Freispruch möglich. Auch im Internetrecht seien Urteile ohne jegliche technische Fachkenntnisse gang und gäbe.

"Jetzt ist ja alles geklärt", freut sich Neuhuber über das gerechte Urteil. Nun wolle er mit dem Boot und seiner Trompete wieder hinaus auf den See fahren, um zu überprüfen, ob sich die Echowand auch an das Urteil hält. "Und tut sie es nicht", gibt sich Neuhuber kämpferisch, "geht's halt wieder vor Gericht!". rm

Foto: eigene Aufnahme